„Wir müssen auch an die zukünftigen Generationen denken“
Mit einer Kapazität von 10,4 Millionen Watt steht auf dem Gelände des Linslerhof der Familie Wendelin von Boch die größte Solarkraft-Anlage des Saarlandes. Wendelin von Boch im Gespräch über sein Engagement für Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien. Herr von Boch, was bedeutet für Sie Nachhaltigkeit?
Wendelin von Boch: Das Thema „Nachhaltigkeit“ ist für mich persönlich immer ein großes Anliegen gewesen. Meine Familie hat sich seit vielen Generationen mit Land- und Forstwirtschaft befasst und das keramische Unternehmen Villeroy & Boch seit 70 Jahren nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit geführt. Nachhaltigkeit heißt, dass alle Entscheidungen auf ihre langfristige Wirkung hin überprüft werden müssen.
Haben unsere Kinder und Enkel noch einen Nutzen daraus? Ist das, was wir tun umweltverträglich? Nützt es der Region und den Menschen die dort leben und arbeiten?Spielen erneuerbare Energien in einem Konzept des nachhaltigen Wirtschaftens eine Rolle?
Wendelin von Boch: Aus meiner Sicht ist heute eine erfolgreiche Zukunft ohne den Ausbau erneuerbarer Energien nicht mehr denkbar. Das gilt nicht nur für die Reduzierung von umweltschädlichem CO2, sondern auch für die Befreiung von der Abhängigkeit von russischen Gas- und Ölimporten, aus dem nach wie vor unsicheren mittleren Osten. Wir müssen auch an die zukünftigen Generationen denken.
Sie betreiben auf dem Linslerhof die größte Solarkraft-Anlage des Saarlandes. Warum haben Sie diesen Standort gewählt, hätte es eine Alternative gegeben, z.B. im Landkreis Merzig Wadern?
Wendelin von Boch: Ohne Förderung war ein erfolgreicher Einstieg in die Energiewende nicht denkbar. Die Flächenunmittelbar neben der Bahnstrecke zwischen Differten und Überherrn, die durch das Gelände des Linslerhof führt, erfüllten diese Fördervoraussetzungen, so gesehen gab es keine sinnvolle Alternative. Und: Das Solarkraftwerk ist nicht nur ein guter Gewerbesteuerzahler, sondern versorgt im Landkreis Saarlouis circa 2 600 4-Personen Haushalte mit sauberem Strom.
Gibt es über das Solarkraftwerk hinaus weitere Ansätze zum Thema Nachhaltigkeit auf dem Linslerhof?
Wendelin von Boch: Wir betreiben auf dem Linslerhofneben dem Solarkraftwerk eine Dach Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 500KW und in Britten, im Kreis Merzig-Wadern, mehrere Windkraftanlagen. Die regionale Versorgung mit Biogemüseanbau auf dem Linslerhof ist leider gescheitert, weil die Genehmigung einer Bewässerung eines solchen Gemüseanbaus durch eine Wasserentnahme aus der Bist versagt wurde. Hinzu kommt, dass relativ große Flächen nördlich und südlich der Bist der Natur überlassen wurden, d.h. von uns heute gar nicht mehr oder nur noch sehr extensiv bewirtschaftet werden.
Sie unterhalten heute auf dem Linslerhof ein Hotel, ein Restaurant und eine Jagdschule. Verfolgen Sie auch dort die Prinzipien der Nachhaltigkeit?
Wendelin von Boch: Der Hotel- und Gastronomiebetrieb mit vielen Tagungen und Hochzeiten, der verpachteten Jagdschule mit Schießstand und Falknerei sind zu einem bedeutenden Touristischen Anziehungspunkt geworden. Ich würde das als „sanften“ Tourismus bezeichnen. Wir beschäftigen auf dem Linslerhof heute bis zu 100 Mitarbeiter. Zwischen 25 000 und 30 000 Gäste – zunehmend auch aus dem Ausland – übernachten jährlich auf dem Linslerhof und was die Jagdschule betrifft, in benachbarten Hotels und Pensionen. Wir freuen uns Gastgeber zu sein für bis zu 25 000 Besucher unserer Gartenträume oder des ADAC Oldtimertreffens, die in den historischen Gemäuern Entspannung finden. Von all dem geht eine nachhaltige Wirkung aus, nicht nur für den traditionellen Gutshof – den unsere Familie seitsechs Generationen bewirtschaftet – sondern darüber hinaus für unseren schönen Landkreis und für das gesamte Saarland.
Interview: Jörg Huppert
Foto: Anne Grossmann Fotografie